Neue Perspektiven für Übersetzer und Dolmetscher

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Neue Perspektiven für Übersetzer und Dolmetscher

, Kategorien: Übersetzung und Terminologie
Fachkonferenz „Übersetzen in die Zukunft“ des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer e. V. (BDÜ)

Wie sieht die Arbeit der Übersetzer und Dolmetscher künftig aus?

Die fortschreitende Digitalisierung und Entwicklungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sind Themen, mit denen sich die Übersetzungsbranche derzeit intensiv beschäftigt. Wie gestaltet sich die Arbeit in Zukunft? Ist Maschinelles Übersetzen (MÜ) eine Chance und birgt MÜ auch Risiken? Wenn ja, welche? Welche neuen Aufgaben kommen auf Übersetzer im Zuge dieser Entwicklungen zu?

 

Der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) richtete vor allem zu diesen Fragen eine Konferenzreihe aus. Vom 22. bis 24. November fand in Bonn der dritte Teil unter dem Titel „Übersetzen und Dolmetschen 4.0 – Neue Wege im digitalen Zeitalter“ statt. Für uns waren das drei spannende Tage, aus denen wir Impulse für unsere Arbeit im Übersetzungsmanagement bei Dokuwerk mitgenommen haben.

 

Insgesamt standen über 100 Vorträge, Podiumsgespräche, Seminare und Workshops auf dem Programm, welche die mehr als 1.000 Teilnehmenden auf die Arbeit in der Zukunft vorbereitet und konkrete Tipps und Tricks für die alltägliche Arbeit an die Hand gegeben haben.


Dominierendes Thema der Vorträge: Die Zukunft mit MÜ

MÜ hat sich in den zurückliegenden Jahren enorm weiterentwickelt – das wurde in den Vorträgen und im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen deutlich. Die Qualität der Texte, die mit MÜ-Technologie übersetzt werden, ist sichtbar gestiegen. Wir haben einen guten Überblick bekommen, welche Systeme zur MÜ derzeit im Einsatz sind, wie sie funktionierten und welche Vor- oder Nachteile sie haben. Agenturen und Unternehmen, die mit MÜ arbeiten, berichteten von Ergebnissen unterschiedlicher Qualität, je nach Fachgebiet und Textsorte. Verschiedene Einsatzszenarien zeigten uns, welche Chancen und Risiken bestehen, welche Arbeitsschritte im Übersetzungsprozess durch künstliche abgedeckt werden können und welche Schritte besser den „Humanübersetzern“ vorbehalten bleiben.

 

Eine Prognose, die unter den Teilnehmenden immer fiel, war: In den nächsten Jahren wird MÜ in Standardtools eingebettet werden, welche die Übersetzer und Agenturen in ihrem Tagesgeschäft nutzen. Berufe im Bereich Übersetzung und Dolmetschen werden sich im Zuge der Arbeit mit MÜ wandeln. Der Bedarf an Beratungsleistungen wird zunehmen, z. B. um zu untersuchen, welche Texte für die MÜ geeignet sind und welche nicht. Übersetzer sind gefordert umzudenken, sie müssen sich mit den Systemen der MÜ auseinandersetzen und z. B. das Fehlerpotenzial erkennen, das mit MÜ entstehen kann. Projektmanager müssen mögliche Fehlerarten und -quellen kennen, um die Qualität der mit MÜ übersetzten Texte einschätzen zu können.

 

Durch das Tempo der technologischen Entwicklung ist die Übersetzungsbranche  gefordert, sich stetig zu informieren und weiter zu bilden. Neue Aufgabengebiete wie das des Posteditors entstehen.

 

MÜ birgt besonders in Bereichen großes Potenzial, in denen es um kurze, standardisierte Textformate geht, z. B. Produktbeschreibungen in Onlineshops oder repetitive kurze Texte, und in Bereichen, in denen bisher meist nicht professionell übersetzt wurde wie es bei Korrespondenzen der Fall ist. Damit können mit MÜ auch neue Felder in der Übersetzungsbranche erschlossen werden, in der bisher gar nicht oder nur selten übersetzt wird.

 

Künstliche Intelligenz ist auch dann ein großes Thema, wenn es um Maschinelles Übersetzen (MÜ) geht. Ein weiteres Mal wurde durch die Beiträge klar, dass Maschinelles Übersetzen als Chance wahrgenommen werden muss. Die Arbeit des Übersetzers wird durch dich Technologie nicht ersetzt, sie ändert sich. Der Übersetzer muss abwägen, welche Texte sich für das MÜ eignen. Was sich ändert, ist der Pre-Editing-Aufwand. Die Vortragenden Mikitisin und Winokur (2019, Effizienz 4.0: Maschinelle Übersetzung und Post-Editing, Vortrag auf der tekom-Jahrestagung) haben gezeigt, dass ein gründliches Pre-Editing den Post-Editing-Aufwand deutlich reduziert. Eine sorgfältige Rechtschreibprüfung, eine festgelegte Terminologie, kurze Sätze oder das Vermeiden von Zeilenumbrüchen innerhalb eines Satzes ersparen dem Übersetzer z. B. lästige Arbeit im Nachgang.


Vorträge fanden unter anderem im Plenarsaal des ehemaligen Bundestages statt
Vorträge fanden unter anderem im Plenarsaal des ehemaligen Bundestages statt

Tips und Tricks für das Übersetzungsmanagement

Neben Vorstellungen zum sich wandelnden Berufsbild der Übersetzer und Dolmetscher haben wir auch konkrete Tipps und Tricks für unsere Arbeit im Übersetzungsmanagement mitnehmen können, zum Beispiel zum Einsatz von regulären Ausdrücken. Reguläre Ausdrücke (regular expressions) ermöglichen das gezielte Filtern von Inhalten der oft sehr umfangreichen Inhalte in Translation Memory Systemen sowie Suchen- und Ersetzen-Prozesse. Gerade für die Qualitätsprüfung von Texten können sie hilfreich sein. Zudem haben wir Open-Source-Tools kennengelernt, die zum Vor- und Nachbereiten von Dateien herangezogen werden mit denen sich z. B. Dubletten in Translation-Memorys einfach bereinigen lassen.

 

Suchmaschinenoptimierte Übersetzungen gewinnen ebenfalls  an Bedeutung: Vorträge und Workshops zu diesem Thema machten ein weiteres Mal deutlich, dass die Übersetzung von Websitetexten spezifische Kenntnisse über die Funktionalitäten und den Aufbau von Websites sowie Wissen über Suchmaschinenoptimierung erfordern. Es reicht nicht aus, nur Inhalte und Keywords zu übersetzen.  Berücksichtigt werden sollten z. B. auch Suchverhalten der Zielgruppe, Google-Rankingfaktoren und das Verhalten des Wettbewerbers des Kunden. Ziel ist es, dass am Ende ein leserfreundlicher Text entsteht, der von den Suchmaschinen gefunden wird.


Für die Zukunft aufgestellt

Neben den inhaltlichen Programmpunkten war genug Zeit zum Austausch unter den Teilnehmenden. Die Gelegenheit haben wir genutzt und uns mit Tool-Anbietern, Übersetzern, Consulting- und Supportfirmen sowie anderen Dienstleitern und potenziellen Kunden ausgetauscht. Wir sind gespannt, welche Perspektiven sich für das Übersetzungsmanagement in nächster Zeit eröffnen und fühlen uns für die Zukunft gut aufgestellt. Es war in jedem Fall eine inspirierende und gelungene Veranstaltung.